Hilfe Restaurierung Stuckrahmen

  • Gleich vorweg: Habe diese Frage auch schon dort
    http://www.dieschatzkisteimnetz.de/viewtopic.php?f=15&t=10620
    gepostet aber vielleicht hat hier noch wer Tipps:

    Ich habe eine Menge alter Bilderrahmen mit dem typischen vergoldeten Gipsstuck - und den typischen ausgebrochenen und fehlenden Teilen.
    So etwa in dieser Art:

    http://www.restaurierung-beer.de/bilder/rahmen/rahmen34.jpg

    Dazu nun ein paar Fragen zu Materialien:
    - Womit befreie ich die Rahmen am besten vom Schmutz und alten Anstrichen über dem Blattgold?
    - Womit mache ich am besten die Abgüsse? (keine starken Hinterschneidungen)
    - Womit gieße ich diese dann am besten aus? Habe da "Kölner Reliefkitt" gefunden - hat jemand Erfahrungen damit?
    - Womit kann ich die rissigen Teile, die zwar locker sind aber noch am Rahmen halten, fixieren sowie die kleinen Risse ausfüllen? Dachte an Leim in einer Spritze, aber durch die dünnen Nadeln geht der kaum durch.

    Vielleicht hat ja jemand Erfahrung, Tipps, LITERATUR!!! oder einen Link.

    Herzlichen Dank schon mal!

    Gruß
    Willi

    • Offizieller Beitrag

    :-):-):-)

    Vielleicht schaust Du mal hier, lieber Willi,

    ich benutze zur Restaurierung meiner Pötte oft "Formaform"
    Das hat den Vorteil, dass die Masse ziemlich genau abformt.
    Die darin gegossenen Fehlteile können leicht aus der flexiblen Formmasse gelöst werden.
    Ich forme oft mit "Prestolit"
    (oder Vergleichbarem) einer Zweiphasen Autospachtel Masse. Diese wird sehr hart und
    kann geschliffen, gebohrt und bemalt werden.
    Formaform verfügt über den unschätzbaren Vorteil, dass die gebrauchten Formen
    auf dem Wasserbad wieder eingeschmolzen werden können, und damit ist die Masse
    wieder zu gebrauchen. Ist sie nach längerer Zeit und öfterem Gebrauch etwas hart geworden,
    gebe ich in die heiße Masse einen kleinen Schuss Wasser , verrühre, und schon
    ist die Masse flexibel wie am Anfang. Hier ein kleiner youtube-Film zum Formaform.

    https://www.youtube.com/watch?v=cDEqUtopT7A.

    Liebe Grüße Winfried


    Mein Avatar zeigt ein Narrenflötchen des 16. Jahrhunderts aus dem Töpferort Raeren.

    Alle meine Aussagen erfolgen nach bestem Wissen und Gewissen, jedoch ohne Gewähr für Ihre Richtigkeit. In keinem Fall wird für Schäden, die sich aus der Verwendung der abgerufenen Inhalte ergeben, Haftung übernommen.


  • - Womit befreie ich die Rahmen am besten vom Schmutz und alten Anstrichen über dem Blattgold?

    Dafür musst du erstmal wissen, ob das, was du runterhaben willst polar, unpolar oder trockenpolar löslich ist und ob du eine Öl- (Anlegeöl/-milch, nicht wasserlöslich) oder Polimentvergoldung (wasserlöslich) hast. Das findest du anhand von kleinen Testreihen raus. (zB polar: Wasser, Alkohol; unpolar: Benzin, Terpentin; trockenpolar: Aceton, Ethylacetat)
    Das, was am besten anschlägt, wird dir dann weiterhelfen. Man kann, um die mechanische Reibung durch Wattestäbchen o.ä. zu reduzieren, die Lösemittel auch als Gel andicken und über Japanpapier als Kompressen anweden
    Literatur: Lösemittel in der Restaurierung, Anik Pietsch

    Wald- und Wiesenrestauratoren benutzen auch gerne noch Restbestände von Methylenchlorid, um dicke ölgebundene Überstriche aus den 30er Jahren von Polimentvergoldung zu entfernen ;) Höchstgiftig!


    - Womit mache ich am besten die Abgüsse? (keine starken Hinterschneidungen)

    Ich hab die besten Erfahrungen mit Zahnarztsilikon gemacht. Gegen das Durchsuppen von Silikonölen in das Objekt während des Abformens hilft Frischhaltefolie. Dann muss natürlich händisch etwas am Abguss nachgearbeitet werden.


    - Womit gieße ich diese dann am besten aus? Habe da "Kölner Reliefkitt" gefunden - hat jemand Erfahrungen damit?

    Alabastergips sollte hinreichend geeignet sein. Lässt sich nach dem Aushärten auch noch gut zurechtschnitzen und ist nah am Originalmaterial.


    - Womit kann ich die rissigen Teile, die zwar locker sind aber noch am Rahmen halten, fixieren sowie die kleinen Risse ausfüllen? Dachte an Leim in einer Spritze, aber durch die dünnen Nadeln geht der kaum durch.

    Kreidekitt sollte das Mittel der Wahl sein, wenn man nah am Original bleiben will. ggf. größere Risse vorher mit Balsaholzspänen vorfüllen.
    Kreidekitt mischt man sich selbst aus Kreidegrund (hier wegen der Weichheit/Formbarkeit am ehesten mit Champagner- und Bologneser Kreide 1:1 in Hautleim)
    Kleben an historischen Originalen bitte möglichst mit Haut- oder Knochenleim.
    Hautleim reicht für "Oberflächliches", Knochenleim ist geeignet für "statisch/konstruktionsbedingt" wichtige Leimstellen :)

    gegen das Kanülenproblem hilft nur eins: Warmleim verwenden (erniedrigte Viskosität durch Hitze) und größere Kanülen benutzen.

    Quelle: Eigene Praxiserfahrung am GNM sowie beim Freiberufler, diverse Standardwerke aus der klassichen Restaurierungsbibliothek (müsste ich speziell nachschauen, wenn du Namen willst)

  • gern geschehen :)
    irgendwann werde ich noch verhaftet wegen verrat von berufs"geheimnissen" ;)
    Ich kann gut verstehen, dass man versucht, so viel wie möglich selbst erhalten zu wollen. stößt man an seine grenzen, sollte man das objekt aber auch immer gerne an einen restaurator mit gutem ruf abgeben. und da ist es doch hilfreich, wenn man es noch nicht mit ungeeigneten mittelchen "versaut" hat, was die "weiterrestaurierung" nur unnötig teurer machen würde :)

  • Schoerli: danke nochmals, weiß diese Tipps wirklich zu schätzen - bei mir geht es meistens nicht um handwerkliches Geschick sondern um die idealen Materialien ... und wenn es schon so ein geniales Forum gibt versuche ich eben, hunderte Selbsterfahrungen, wenn geht, zu vermeiden.
    Mit "Zahnarztsilikon" meinst du wohl "Knetsilikon", welches es in verschiedenen Shore-Härten (meist 40 oder 70) gibt > das wär auch mein Favorit gewesen.
    Und Kreidekitt ist nur Hautleim + Kreide 1:1, wenn ich das jetzt richtig verstanden habe? (weil zum Kreidegrund mische ich normalerweise noch Alaun und Zinkweiß)
    Sorry wenn ich lästig bin!

    Gruß
    Willi

  • Habe heute ein sehr hilfreiches Buch bekommen, in welchem die meisten Schritte sehr einfach und übersichtlich dargestellt werden:
    Ellinor Schnaus, Oberflächenbehandlung alter Möbel.
    Denke mit euren Anleitungen und dem Buch komme ich ganz gut zurecht!
    Danke nochmals!

    Gruß
    Willi

  • Lästig? Nöö, immer her mit den Fragen :)
    Kreidekitt ist [Bologneser Kreide und Champagner Kreide 1:1] in Hautleim, das Mischungsverhältnis im Leim muss man nach Bedarf anpassen (manchmal ist flüssiger gut, um ihn erstmal in Risse hineinlaufen zu lassen, zum Aufbau allerdngs muss dann mehr Füllstoff dazu, um kneten zu können).
    Zumindest ist es ein Grundrezept (Kriedegrund und Kreidekitt ist dabei eigentlich dasselbe, nur für verschiedene Anwendungsbereiche). Viele weitere Zusätze sind zwar historisch belegt, aber nicht immer sinnvoll.

    Das Buch kenne ich nicht, aber Google sagte mir, dass es aus einer "Do it Yourself"-Reihe kommt. Da wäre ich prinzipiell erstmal vorsichtig. Kann aber auch sein, dass es mal was "gutes für die Amateure" ist (was häufig leider nicht der Fall ist) :)
    Wenn du da zu bestimmten Rezepten oder Anleitungen Nachfragen hast, versuch ich dir gerne, weiterzuhelfen!

  • ... dass es aus einer "Do it Yourself"-Reihe kommt. Da wäre ich prinzipiell erstmal vorsichtig. ...

    Tja, da hast leider recht, dieses scheint aber entgegen allen Erwartungen wirklich gut zu sein. Werde berichten, wie die Restaurierungen verlaufen soweit ich mal Zeit dafür habe (nicht zum schreiben sondern zum Rahmen herrichten)

    Gruß
    Willi

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